Valentina di Taranto Bild: Gerhard Schlötzer |
Sommer Oper Bamberg Sehr geehrte Frau die Taranto, woran werden Sie mit dem Ensemble arbeiten?
Valentina di Taranto Die Sänger sind zwar alle sehr jung, aber nach dem, was ich beim Vorsingen gehört habe, ist das sprachliche Niveau schon sehr gut. Ich werde mit ihnen an der italienischen Aussprache arbeiten, Fehler korrigieren, zum Beispiel bei Doppelkosonanten oder Vokalen. Manche Sänger haben bisweilen Probleme mit bestimmten Lauten, dann versuche ich Ihnen zu erklären, wie sie die leichter hervorbringen können. Das kann man manchmal gar nicht auf die Schnelle erlernen, aber man kann einen Anstoß geben. Zuweilen spreche ich auch über Stimmhaftigkeit und den italienischen Sprachklang, wenn die Möglichkeit dazu besteht und die Sänger daran Interesse haben.
Falls es um eine Oper mit vielen Rezitativen geht, was bei ‘Le nozze die Figaro’ definitiv der Fall ist, arbeiten wir sehr sorgfältig an den Rezitativen. Je nachdem, was der Regisseur von den Sängern und der Gefühlswelt der Figuren in einer Szene erwartet, übersetze ich das in eine angemessene Art der Aussprache, der Verwendung von Pausen, etc. Man kann die Rezitative auf tausend verschiedene Arten singen, und je nach den Vorstellungen des Regisseurs kann ich verschiedene Lösungen vorschlagen. Bei den Arien geht es manchmal auch um die Phrasierung.
SOB Angelika Kirchschlager, die den Meisterkurs am Anfang der Probenphase leiten wird, hat ebenfalls betont, wie wichtig ihr die Rezitative sind …
VdT Die Rezitative sind eben ein schwieriger Teil der Oper, besonders beim ‘Figaro’: Es gibt viele, und sie sind oft sehr lang. Die meisten Zuschauer verstehen den gesungenen Text nicht direkt, sondern lesen die Übersetzung in den Übertiteln. Doch wenn etwas Lustiges oder Trauriges geschieht, und die Sänger das auch wirklich meinen, fühlen und ausdrücken, dann können die Rezitative wirklich spannend sein. Anderenfalls sind sie einfach langweilig, und das Publikum wartet nur noch auf die nächste Arie [lacht]. Denn die ist einem vielleicht vertraut, und sie geht mit ihrem vollen Orchesterklang oft leichter ins Ohr, als die Rezitative, die kaum einer kennt. Insofern müssen die Rezitative gut und lebendig gesungen werden, vor allem, da sie die Geschichte erzählen.
Bei ‚Le nozze di Figaro’ ist die Geschichte sehr kompliziert und somit eine Herausforderung. Da Ponte hat aus dem fünfaktigen Stück von Beaumarchais ein vieraktiges gemacht; insofern fehlen hier und da ein paar Dinge oder manche Sätze sind etwas unklar. Also gehört es auch manchmal zu meiner Arbeit, zu erklären, warum etwas fehlt, damit die Sänger genau wissen, was da eigentlich geschieht.
SOB Heutzutage werden die meisten Opern in den Originalsprachen aufgeführt. Haben diese sprachlichen Anforderungen ausreichend Eingang in die Gesangsausbildung gefunden?
VdT Es hängt sehr von der Schule und vom Ort ab. Aber an fast allen großen Konservatorien gibt es inzwischen Lehrer und Lehrpläne für den Sprachunterricht. Einige konzentrieren sich vor allem auf die reine Sprachvermittlung, also Grammatik und Vokabular, damit die Studenten die Texte übersetzen können. Dieser Ansatz unterscheidet sich von dem, den meine Kollegen und ich vertreten: Bei uns geht es mehr darum, wie die Sprache klingen sollte. Denn der Klang macht den Unterschied, das ist wie im Deutschen oder Französischen. Das ist eine ganz andere Arbeit. Die leisten nicht alle Konservatorien, aber die meisten tun es inzwischen schon.
SOB Ist die Arbeit an der Aussprache inzwischen ein “Muss” für Musikproduktionen geworden?
VdT Eine gute Musiktheaterproduktion kommt tatsächlich nicht mehr ohne Sprachcoach aus, besonders, wenn viele Rezitative vorkommen. Mit einem Coach kann sich eine Oper völlig verändern.
SOB Dann freuen wir uns auf eine spannende und erlebnisreiche Arbeitsphase mit Ihnen. Vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Maximilian Rauscher
No comments:
Post a Comment