Wednesday, June 9, 2010

Interview mit Till Fabian Weser - Initiator und künstlerischer Leiter der Sommer Oper Bamberg

Nachdem die Sommeroper Bamberg nun bereits zum dritten Mal erfolgreich eine Opernproduktion realisieren konnte (2005; 2007; 2009) ist es an der Zeit, den Menschen zu Wort kommen zu lassen, der das ganze Projekt initiiert hat und seit Beginn für die Organisation und die künstlerische Leitung verantwortlich ist.


Till Fabian Weser, 1965 in Bloomington, Indiana in den USA geboren, ist neben zahlreichen anderen musikalischen Tätigkeiten Trompeter bei den Bamberger Symphonikern, leitet die Big Band des Orchesters und setzt sich als Operndirigent für den Nachwuchs junger Sänger und Orchestermusiker ein. Seine speziellen künstlerischen Interessen liegen vor allem bei den Schnittpunkten von Alter und Neuer Musik. Neben vielen künstlerischen Studien und Dirigierkursen kann er darüber hinaus auf eine lange Konzerttätigkeit im In- und Ausland zurückblicken.

Für ein Interview nahm sich der sympathische Allround-Musiker mit den vielen Talenten trotzdem gerne Zeit:


Wie kamst du auf die Idee so etwas wie die Bamberger Sommeroper einzurichten? Es gibt in der Regel ja schon Workshops für Orchester, aber selten für Oper UND Orchester.

Ja genau, Im Prinzip ist das einer der Gründe. Ich selbst war 1990 ein Jahr lang Praktikant an der Düsseldorfer Oper. Und mein Studium hat mich nicht wirklich darauf vorbereitet, was es heißt in einem richtigen Orchestergraben zu spielen. Das ist eine ganz andere Atmosphäre als auf der Bühne mit einem Konzertorchester. Allein die Nervosität und das Lampenfieber sind im Graben anders als auf der Bühne. So kann ich aus der Perspektive des Orchestermusikers sagen, da gibt es einen Bedarf. Darüber hinaus kann man verfolgen, wie viele gute Sänger es gibt, die alle auf eine Chance warten. Diese Verbindung an Möglichkeiten werden sonst kaum vermittelt. Es gibt zwar Opernproduktionen an Musikhochschulen, aber die finden in der Regel nicht in einem Opernhaus statt. Also zu den Sachen die ich gesagt habe, wie mit dem Lampenfieber gehört einfach der Graben - der Geruch des Theaters. Und was natürlich auch ganz besonders wichtig ist, dass es eine intensive und nachhaltige Arbeit ist. Das heißt wir arbeiten nicht vier Wochen an einem Stück um es dann einmal aufzuführen, sondern wir haben gleich eine ganze Serie von sechs Konzerten.
Für die Sänger ist es natürlich das Gleiche. Sie atmen Theaterluft, sie haben ein echtes Opernhaus mit moderner Bühnentechnik und allem drum und dran, was in dieser Zeit nur für sie da ist.
Das liegt auch an unserem Projektpartner, dem E.T.A. Hoffmann-Theater. Der ganze technische Stab, der da im Hintergrund wirbelt ist wirklich für das Projekt, für die Aufführung da. Das greift ineinander. Intensiv und harmonisch.


Bamberg selbst hat ja so eigentlich kein Opernhaus, oder?

Bamberg hat das städtische Theater, was später in E.T.A. Hoffmann-Theater umbenannt wurde, weil der Namensgeber dort auch Theaterdirektor war. Es gibt immer noch einen Orchestergraben und speziell nach der Renovierung des Theaters wurde der Bühnenraum im alten Stil belassen und der Orchestergraben wurde auch modernisiert mit Hubbühne etc. Aber es gab schon eine Operntradition in Bamberg vor E.T.A. Hoffmann. Es wurden auch große Opern gespielt: „Der Freischütz“, „Don Giovanni“, etc.
Zur Hundertjahr-Feier von E.T.A-Hoffmann wurde auch Hoffmanns Erzählungen aufgeführt. Also richtig große Opern. Wir greifen die städtische Tradition auf und spielen große Opern, angefangen eben mit Tosca (2005), Bajazzo (2007) und La Bohème (2009).

Gibt es eine Kooperation mit Bayreuth? Ihr vergebt ja auch intern das Richard-Wagner-Stipendium an Teilnehmer der Sommeroper, die sich besonders auszeichnen?

Das hat nur indirekt mit Bayreuth zu tun, weil viele kulturinteressierte Städte einen lokalen Richard-Wagner-Verband haben – bei uns ist es der Richard-Wagner Verband, Sektion Bamberg. Dieser hat von Bayreuth die Möglichkeit bekommen, ein Stipendium zu vergeben. Dazu sind sie aufgefordert, begabte Nachwuchskünstler zu suchen und zu finden. Und das ist eine Kooperation, die wir seit 2007 tätigen, wo ein Sänger ausgesucht wird, an den wir ein Stipendium vergeben.


Zum Stichwort Opern. Es war ja sehr augenfällig, dass viele Puccini-Opern ausgewählt worden sind. War das Zufall, oder Absicht?

Jein. Sagen wir es mal so: Der Grund, warum die Sommeroper beim ersten Projekt „Tosca“ gewählt hat, war natürlich ganz bewusst. Wenn man mit so einem ehrgeizigen Projekt antritt und nicht nur einen Opern- oder einen Orchesterworkshop sondern beides zusammen zu bringen möchte, hat man schon viele Kritiker und Skeptiker im Vorfeld. Wenn man dann auch noch so eine herausfordernde Oper nimmt wie „Tosca“, dann hat man natürlich zunächst noch mehr Bedenkenträger. Aber wenn es dann gelingt, so wie es 2005 ja auch der Fall war, dann hat man sich einfach einen Level erspielt der die Sommer Oper Bamberg als ein interessantes Förderprojekt für junge Instrumentalisten und Sänger wahrnehmen lässt.

Hinzu kommt, dass ich zum einen persönlich eine Vorliebe für Puccini entwickelt habe, zum anderen haben wir Opern ausgesucht, die für alle Instrumentalgruppen gleichermaßen – also von der ersten Geige bis zur Triangel - attraktiv zu spielen sind und zudem einen ganz bestimmten didaktischen Hintergrund haben: das Orchesterspiel in einer veristischen Oper, was sehr schwierig ist. Am schwierigsten von den Opern war sicherlich „La Bohème“ (2009), wo sich auch große Profiorchester gerade mit dem Anfang des Stückes schwer tun. Das zu vermitteln, und mit einem Spaßfaktor so eine Oper zu spielen und gleichermaßen zu lernen, das lag einfach in der Sache selber.
Ohne Genaueres zu verraten, kann ich sagen, dass wir nach 3 Puccini in 2011 eine ganz andere Tür aufstoßen wollen und ganz bewusst in eine ganz andere Richtung gehen.


Inwieweit hat sich dieses Projekt Sommer Oper Bamberg im Lauf der Jahre verändert?

Die Qualität ist stetig gewachsen, bedingt durch den Bekanntheitsgrad und die Akzeptanz. Durch die zunehmende Attraktivität bewerben sich mehr Musiker und Sänger. Vor allem im Sängerbereich hat das drastisch zugenommen, auch z.B. durch den Meisterkurs mit Edda Moser 2009.

Haben sich abgesehen davon noch Dinge verändert, im Laufe der Jahre, die es die Sommer Oper nun gibt?

Vieles geht leichter in der Organisation, weil man natürlich weiß auf was es ankommt. Was immer gleich schwer ist, ist die Akquise der Geldmittel, wobei ich jetzt noch nicht sagen kann, ob das auf Grund der gesamtwirtschaftlichen Situation gleichschwer bleibt oder noch schwerer wird.


Es ist also eher nicht davon auszugehen, dass es auf Grunde des Bekanntheitsgrades und der Beliebtheit der Bamberger Sommeroper in Zukunft vielleicht sogar leichter wird, weil der ein oder andere Geldgeber darauf aufmerksam wird?


Das ist richtig. Bislang kommen die meisten Mittel über Stiftungen in das Projekt hinein und bislang noch zu wenig von Sponsoren und wir wollen versuchen noch mehr Sponsoren darauf aufmerksam zu machen, weil es sich um ein attraktives „Produkt“ handelt, was nicht nur in Bamberg selber stattfindet sondern Europaweit. „Think Global“ (im Sinne von Europa) und „Act local“. Diese Devise gilt besonders eben für die Sommer Oper Bamberg, was eine sehr interessante Konstellation darstellt.

Dazu eine Frage. Legt ihr Wert darauf, dass es ein europäischer Workshop ist und bleibt? Denn es gibt ja inzwischen Musiker und Sänger, die sich aus der ganzen Welt beworben haben.

Wir haben entschieden, dass jeder der in Europa lebt bzw. studiert zugelassen ist. Ich denke, es entspricht nicht dem europäischen Gedanken, wenn nach dem Pass oder der Nationalität geschaut wird. Man sollte Europa wie einen Schmelztiegel – so wie man das in den Vereinigten Staaten von Amerika kennt – betrachten. Aus den vielfältigen kulturellen Möglichkeiten schöpfen und die vielen internationalen Musiker und Sänger zur Teilnahme an der Sommeroper nach bestandener Prüfung zulassen.


Vielen Dank für das Gespräch!