Tuesday, November 8, 2011

Selbstbewußtsein und die Kraft der Worte – Michael Ehlers im Gespräch


Das vielfältige Angebot, das die Orchestermusiker der Sommer Oper in diesem Jahr in Bamberg erwartet hat, ging über die reine Probenarbeit an "Le nozze di Figaro" weit hinaus. Neben Workshops in historischer Aufführungspraxis stand auch Vorspieltraining für die zukünftigen Orchestermusiker auf dem Programm. Neben Musikern der Bamberger Symphoniker stand Ihnen dabei auch der renommierte Kommunikations- und Rhetorik-Trainer Michael Ehlers zur Seite. Von seiner Arbeit berichtet er im folgenden Interview:

Sehr geehrter Herr Ehlers, Sie sind als Kommunikations- und Rhetorik-Trainer erfolgreich und hochbeschäftigt, unterrichten an verschiedenen Akademien und betreiben ein eigenes Institut. Wer gehört normalerweise zu Ihren Kunden, was vermitteln Sie ihnen?

Im Institut entwickeln wir komplexe Kommunikations-­Strategien. Zu unseren Kunden gehören etwa die Erba-Insel in Bamberg oder Schaeffler. Es gibt große Bauprojekte, deren Investoren daran interessiert sind, was die Menschen über ihre Vorhaben und Entwicklungsgebiete denken, welche Zukunftsvorstellungen sie dafür haben. Wir erstellen zum einen mit empirischen Methoden ein Meinungsbild, zum anderen entwickeln wir Strategien, wie man die Bevölkerung am schnellsten über die Vorhaben informieren und sie und ihre Ideen gegebenenfalls auch mit einbinden kann. Städte und Kommunen unterstützten wir auch bei Bürgerbeteiligungs-Prozessen, wie z.B. gerade die Neugestaltung der Innenstadt in Bad Kissingen, an denen sich die Bürger und verschiedene Interessensgruppen beteiligen können.

Mein zweiter Schwerpunkt ist die Rhetorik: Ich war seit meinem 18. Lebensjahr davon fasziniert, dass man Worte auch bewusst einsetzen kann, um Ziele zu erreichen. Und das viel bewusster, als es der normale Mensch macht. Ich habe darauf hin eine entsprechende Ausbildung an der Akademie für Führungskräfte in Bad Harzburg absolviert. Habe mich zum Rhetoriktrainer ausbilden lassen und nebenberuflich angefangen, Rhetorik-Trainings zu geben. Heute doziere ich an den St. Gallener Management-Instituten zum Thema „Rhetorik/Verhandeln“. Es geht dabei immer darum: Wie wirke ich auf andere, wie kann ich mein Thema entsprechend vermitteln? Recht haben und Recht bekommen sind bekanntlich zwei verschiedene Dinge. Und um Recht zu bekommen, muss man kommunizieren können. Dazu gehört, sein Gegenüber zu verstehen und auch ein wenig „lesen“ zu können. Selbst in der Musik, um eine Brücke zur Sommer Oper zu schlagen, ist es auch manchmal so, dass nicht immer der musikalisch Beste gewinnt, sondern der, der sich am besten verkaufen kann. Und das ist mein Thema: Einem Menschen, der etwas gelernt hat und der etwas kann, Werkzeuge an die Hand zu geben. Dass er es auch nach außen zu transportieren weiß. Dass andere Menschen sehen, was in ihm steckt.

Mit wem arbeiten Sie normalerweise?
Vor allem mit Führungskräften, Unternehmern, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens und Politikern. Ein aktuelles Beispiel: Ich coache eine Dame, die ein Buch namens „Der Klimaschatz“ herausgebracht hat. Es trägt erstmalig Projekte zusammen, die mit wenig Geld große Mengen an CO2 sparen und nach kurzer Zeit auch profitabel sind. Das erklärt sie an 50 praktischen Beispielen. Die Autorin hat vorher noch nie in der Öffentlichkeit gestanden und lässt sich deswegen coachen. Manchmal bitten mich auch Unternehmer, die in einem meiner Seminare saßen, Ihre Vertriebsmitarbeiter für Verkaufsgespräche zu schulen.

Haben Sie vor der Sommer Oper auch schon einmal mit Musikern gearbeitet?
Ab und zu, aber im Opernbereich noch nicht. Das ist eine Premiere für mich, auf die ich mich nebenbei erwähnt, sehr gefreut habe! Als Trainer ist es mir wichtig, die Teilnehmer auf eine emotionale Reise mitzunehmen. Der Verstand allein bringt mich nicht zu einer Verhaltensänderung. Um harte Übungen kommt man nicht herum. Nur wenn ich weiß, wie ich unter Stress reagiere, kann ich Werkzeuge nutzen um meine Wirkung zu verbessern. Mit einer so großen Gruppe kann man nicht zu sehr in die Tiefe gehen, deswegen habe ich vor den Orchestermusikern einen Impulsvortrag gehalten. Aber man kann an einigen Beispielen durchaus die Körpersprache analysieren und Auftritte optimieren. Wie geht jemand zu seinem Platz, vermittelt er den Eindruck, ein Teamplayer zu sein? Man kann Werkzeuge vermitteln, um Sicherheit auszustrahlen, obwohl es in einem vollkommen rumort. Richtig viel Freude hat mir das Auttrittscoaching gemacht. Hier haben wir das Probespiel simuliert und die Musiker haben von den Fachleuten ein musikalisches Feedback erhalten. Ich konnte ihnen unter Zuhilfenahme von Videotechnik eine Rückmeldung zum Thema Körpersprache und Wirkung geben. Die Musiker haben mir anschließend die Rückmeldung gegeben, dass sie zukünftig viel selbstbewusster in das Probespiel gehen können. Das kann schon den Ausschlag geben, ein Engagement zu erhalten. Denn an der Musik kann es nicht liegen. Ich war von jedem einzelnen Künstler unglaublich beeindruckt. Musikalisch waren sie alle, aus meiner Sicht eines Amateurs natürlich, perfekt!

Es ging also um typische Vorspielsituationen?
Genau. Und dazu kann ich den Musikern eine Art von Rückmeldung geben, die sie in dieser Hinsicht sonst nicht bekommen! Auch ein Manager zum Beispiel bekommt von Kunden oder Mitarbeitern selten eine ehrliche Rückmeldung oder gar Verbesserungsvorschläge. Wir Menschen sind oft viel zu harmoniebedürftig, als dass wir uns diesbezüglich klar ausdrückten. Ich mache das.

Das ist für die Musiker sicher sehr hilfreich. Denn wenn sich die musikalischen Fähigkeiten mehrerer Kandidaten auf demselben Niveau befinden, entscheiden schließlich andere Faktoren. Wie kam denn der Kontakt zur SOB zustande?
Till Fabian Weser, der künstlerische Leiter, war auf der Suche nach einem derartigen Angebot und hat mich aufgesucht. Weil mich das ganze Projekt wirklich begeistert und ich gerne in meiner Heimatstadt arbeite, habe ich sofort zugesagt.

Also auch ein Beispiel für die Überzeugungskraft der Worte ...
Absolut. Er macht das sehr gut und vertritt eben auch eine gute Sache. Gut für Bamberg und das kulturelle Angebot, das einen wichtigen Teil der Stadt ausmacht. Wir haben die zweithöchste Kulturdichte Bayerns. Ich finde es vor allem wichtig, dass eine Institution junge Menschen mit diesem Thema in Verbindung bringt. Auf bewusste Außenwirkung wird in Deutschland leider viel weniger Wert gelegt als in anderen Ländern. Insbesondere in England und Amerika, dort misst man sich in den Debattierclubs der Schulen selbstverständlich mit anderen. In den USA habe ich mit den National Champions of Debating trainiert, Schüler zwischen 14 und 17 Jahren. Wenn diese im Berufsleben später einmal auf einen deutschen Ingenieur treffen, dessen Ausbildung sehr sachorientiert ist, reden sie ihn in kurzer Zeit an die Wand. Deswegen unterstütze ich gerne alles, was jungen Leuten in dieser Hinsicht weiterhilft. Wir haben u.a. kostenfreie Rhetorik-Seminare für Schüler des Clavius Gymnasiums angeboten und Teilnehmer von Debattier-Wettbewerben gecoacht, das ist uns sehr wichtig. Herr Weser hat mit seiner Idee also offene Türen eingerannt!

Wie ist Ihre persönliche Beziehung zur Musik und zur Oper?
Musik ist mir sehr wichtig. Das erste oder zweite, was sie in meinem Büro entdecken, ist eine schöne elektrische Gitarre. Ich habe einen sehr zeitintensiven und stressigen Beruf. Nach einem von mehreren Hörstürzen habe ich mich darauf hin wieder des Gitarrespielens besonnen. Dabei kann ich sehr gut entspannen. Ich habe auch in einer Band gespielt, allerdings vor allem Rock-Musik. Das gibt mir viel Kraft. Ich bin ein großer Fan der Bamberger Symphoniker, gehe aber mit meiner Frau auch gerne ab und zu in die Oper. Am 9. Oktober habe ich eine Aufführung von „Le nozze di figaro“ der Sommer Oper Bamberg besucht und war sehr beeindruckt!

Kraft der Worte, Kraft der Musik, das passt wunderbar zusammen. Herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Gespräch führte Maximilian Rauscher.

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